Nun, man muss sich nicht auf eine Aussichtsplattform begeben, um zu ermessen, dass diese Baustelle einen ziemlichen Lärm verursacht. Zugleich ist der Ausguck natürlich schon ein cleverer Schachzug der Firma Diringer und Scheidel, gerade in Zeiten von Transparenz und Beteiligung. Nein, wer wie ich jemals in der Nachbarschaft einer Großbaustelle gewohnt hat, kann nur tiefes Mitleid mit den Bewohnern rings herum empfinden – und hoffen, dass der Investmentplan eine ordentliche Summe vorsieht, um jenen Stress Geplagten ab und zu einen Inselurlaub zu ermöglichen. Schön wär´s oder? Das Bemerkenswerte ist bei Mannheim´s Innenstadt ja auch, für Innenstädte gar nicht mehr selbstverständlich, dass eine Menge Menschen in ihr leben und nicht nur Büro- und Geschäftsflächen das Bild prägen. Das sollte auch so bleiben.
Großbaustelle Q7, Q6,
Mannheim
(70) 07.2013
Ich liebe Ihren Blog, aber dass die Innenstadt bevölkert bleiben möge, scheint mir in diesen Tagen als ein sehr frommer Wunsch … ich bin mir nicht mal sicher, ob das von der Stadt gewollt ist. Es ist zugegeben bereits 15 Jahre her: Damals hatte ich ein Gespräch mit dem Denkmalsschutzamt, das jegliche (!) Werbung an meinem gerade eröffneten Laden untersagen wollte. Auf meinen Einwand, es müsse der Stadt doch daran gelegen sein, nicht nur Filialisten anzusiedeln und einen möglichst interessanten Händlermix zu schaffen, weil nur so die Innenstadt weiter bewohnbar bleibe – da war die Antwort: Das sei keinesfalls die Politik der Stadt. Vorrangig sei die Ansiedlung großer Ketten, weil nur die kontinuierliche Steuereinnahmen und verlässliche Ansprechpartner garantierten. Aber das war wie gesagt 1998. Vielleicht ist es ja jetzt besser geworden.
Andererseits erlebe ich als Anwohner der Kunststraße fast jede Nacht die Geräuschkulisse der Motorrad-Kavalierstarts, der mobilen Autodiskotheken und die Außenbeschallung der Kneipen, die auch nach dem offiziellen Ende gegen 12 Uhr nachts gern weiter geht. Augenblicklich nervt dazu das Dauergebrumme der Klimaanlagen der Kaufhäuser und Kneipen, die nicht mal zwischen ein und fünf morgens abgestellt sind.
Dieser ganze Lärmstress liegt seit seit 10 Jahren der Stadt vor, die nach dem Motto „nicht mal ignorieren“ gehandelt hat. Dazu kommt nach jedem Wochenende eine Spur des Vandalismus, die die Partygänger in der Innenstadt hinterlassen: zerstörte Blumenkübel, umgekippte Dixieklos, zugekotzte und bepinkelte Eingänge, umgedrückte Verkehrszeichen … Ich habe den Eindruck, der Stadt ist es komplett egal, was nachts vorgeht. Während tagsüber jeder Ladeninhaber sofort ein Knöllchen erhält, der morgens um acht sein Auto entlädt, werden die Seitenstraßen der Fußgängerzone ab 19 Uhr zugeparkt.
Ob aus der kürzlichen Anhörung der Innenstadtbewohner irgendetwas folgt, bezweifle ich. Dafür wird ja demnächst mit dem Abriss der BW-Bank und dem Neupflastern der Planken neuer unendlicher Spaß für einige Jahre in die Innenstadt einziehen. Alles gut für die Stadt, alles Zeichen der Prosperität, ich weiß, aber oft am Rande des Erträglichen.