„Wir sind alle Astronauten“
R. Buckminister Fuller (Bedienungsanleitung für das Raumschiff Erde) 1969
DROP CITY Mannheim-Neckarau! Na, das ist dann doch wohl übertrieben, trotz Brixy, der freien Waldorfschule und dieser Einfamiliendome hier am Aufeld. Aber ein Blick lohnt auf die Geschichte und Ideen dieses Architekturkonzeptes, das der visionäre Guru R. Buckminister Fuller bereits seit den 1940er Jahren entwickelte. Fand auch Dietrich Dietrichsen, der letztes Jahr im Berliner Haus der Kulturen die Ausstellung „The Whole Earth“ kritisch kuratierte. Die Dome, leicht und mobil auch fürs Militär konzipiert, wurden für die kalifornische Hippiebewegung zum Symbol alternativer Behausung.
Es ging um nichts geringeres als um einen Plan zur Rettung der Welt, der mit Hilfe von Computern schon 1967 möglich schien. Die ungerechte Ausbeutung begrenzter Ressourcen kann durch eine universale Design-Evolution überwunden werden, an deren Spitze Architekten stehen, da diese in der Lage sind, Dinge zusammenzusetzen. Die 2 Millionen Jahre alte Menschheit sah Fuller auf einer der Kindheit entsprechenden Entwicklungsstufe. An die Jugend gewendet:
„Es geht […] um die Erziehung jedes einzelnen zur Realität des Übergangs der Menschheit vom Schoß erlaubter Ignoranz zum Schoß notwendiger Komprehension und Kompetenz. Voraussetzung für eine solche Erziehung ist die Abschaffung veralteter Amüsements, seichter Romanzen und Rührstücke, der Schein-und Ersatzwelten, hinter denen sich die Mängel eines unter- und fehlinformierten, physisch versklavten oder bürokratisch dogmatisieren, gedankenlosen Lebens verbergen.“
Der Reflex auf Fullers universal-technischen Ansatzes führte paradox bei seinen Anhängern zunächst zu einer Rückbesinnung auf vorindustrielle Traditionen und Lebensweisen, da hier Selbstbestimmung, wenn auch unter ökonomischen Verlusten, möglich schien.
Die vernetzt wirkenden Kuppelbauten, Zeichen des Atom- wie auch des Kommunikationszeitalters sind aus Kugel- und Tetraedermodellen entwickelt und nun schon etwas in die Jahre gekommen. Der universelle Zukunftsplan ist heute im weltweiten Netz, bei Automatisierung, Drohnen und elektronischen Konsum zwischengelandet, Ressourcen werden weiter übermäßig beansprucht, während eine neue DIY-Generation abermals versucht, der überrollenden Macht großer Kapitalgesellschaften in kleinen Nischen zu entkommen. Angesichts des nahen Großkraftwerks und dessen Verbrennung fossiler Brennstoffe leben hier allerdings nicht nur die Bewohner der Kuppelhäuser noch in der Vergangenheit.
Ein interessantes Zeitdokument ist das Buch: Bedienungsanleitung für das Raumschiff Erde, herausgegeben von Joachim Kraus, erschienen im Rowohlt Verlag.
Zur Vertiefung des Themas eine Rede von Peter Sloterdjik: Wie groß ist „groß“?
Die Kuppelhäuser in Neckarau
Neckarauer Waldweg
Mannheim
(183) 11.2014
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