Ich verstehe die Sprache nicht, ich höre nur ihren Klang. (Laurie Anderson)
Sprache ist für mich ein wundersamer, unerschöpflicher Schatz, doch manchmal ärgere ich mich auch über die deutsche Sprache. Aktuell zum Beispiel über das Wort Flüchtling. Ausgerechnet das Wort, das einen Menschen bezeichnet, der aus drohender Gefahr für Leib und Leben sein Land verlässt, endet mit der Nachsilbe – ling. Ein Suffix, das bestenfalls neutral, sehr häufig aber abwertend verknüpft ist, wie Feigling, Schwächling, Wüstling, Naivling…
Ich habe keine Ahnung, was das Institut für deutsche Sprache dazu zu sagen hat, aber ich denke, wir können davon ausgehen, dass jedes Suffix, aber auch Lehn-Suffixe und Präfixe hier unter ständiger Beobachtung stehen. Denn die Sprache verändert sich, ebenso wie die Bedeutung der Wörter.
Das mit einer Vielzahl an Büchern ausgestattete Institut, derzeit noch im markanten Backsteinbau in R5 untergebracht, kürte auch einmal das schönste bei uns eingewanderte Wort: Tollpatsch (ja, es kommt aus Ungarn). Sicher, vieles wird hier auch auf hoch wissenschaftlicher Ebene behandelt. Professoren arbeiten an Paronymwörtebüchern, oder in der Abteilung Grammatik werden Konnektoren gesammelt und untersucht, doch auf der Internetseite des Instituts gibt es im Bereich Service auch eine erstaunliche elektronische Zeitschriftenbibliothek und zum Beispiel eine Datenbank mit Schlüsselwörtern der 68er und der Wendezeit. Gerade rechtzeitig bevor ich jetzt wegmache fällt mir doch noch die Ausnahme von der Regel ein: Liebling…
Last not least ist Mannheim übrigens auch die Hauptstadt der deutschen Sprache! Ah her, des hätt isch net gedengd, awwer wanns so is, werds stimme.
Institut für Deutsche Sprache
R 5, 6-13
D-68161 Mannheim
(212) 08.2015
Nachtrag: Am 11.Dezember 2015, ein halbes Jahr nach Erscheinen dieses Artikels, hat die Gesellschaft für deutsche Sprache (Wiesbaden) „Flüchtling“ doch tatsächlich zum Wort des Jahres erklärt und folgte damit meinen Hinweisen aus Mannheim!? 🙂
Ein weiteres Beispiel ist das Wort Mädchen. Auch eine Verkleinerung. Das Wort kommt von Maid. Und die kleine Maid bekommt eben ein chen hintendran gehängt. Eine Chambermaid macht Zimmer sauber. Und so wird die Rolle der Frau leider auch heute noch so gesehen. Leider.