Zum siebten Blog-Geburtstag, nachträglich.

30 Okt

Geburtstagsbeiträge waren bei ALLES MANNHEIM immer eine willkommene Gelegenheit zur Reflexion über Veränderungen, so auch beim siebten, den wir hier nachträglich feiern. Gab es 2012 zu Beginn des Blogs für den Autor einen Impuls, dem damals bestehenden Status Mannheims als öde hässliche Arbeiterstadt zu widersprechen, Begegnungen und Orte aufzunehmen und zu beschreiben, welche der Autor als anregend und belebend empfand, so ist heute dieser Impuls fast in sein Gegenteil verkehrt. Nicht weil keine Entdeckungen und Beobachtungen mehr zu machen wären, sofern es die Muse erlaubt, sondern weil sich die Erzählungen über Mannheim binnen dieser relativ kurzen Zeitspanne völlig gewandelt haben. Einen wesentlichen Beitrag hierzu leistet unser Stadtmarketing, dem ein unerschöpflich scheinender Vorrat an Superlativen zur Verfügung steht. Während früher ein einfaches „Mannem vorn“ genügte, um der hiesigen Mentalität Ausdruck zu verleihen, ist es heute nahezu unmöglich vollständig aufzuzählen, in welchen Bereichen Mannheim nicht auch die erste, einzige und besonders ausgezeichnete Stadt der Welt ist. Die alte ernüchternde Stadtreklame jedenfalls ist einem berauschenden Cocktail gewichen.

Gleich zwei Reiseführer zu Mannheim sind vor kurzem neu erschienen, das Buch „111 Orte, die Sie in Mannheim unbedingt gesehen haben müssen“ schon nach drei Jahren völlig neu herausgegeben, macht 222 Orte, und ja, ich gebe es zu, auch dieses Blog mit seinen über 365 Beiträgen ließe sich mittlerweile als Abreißkalender fürs ganze Jahr einsetzen und obendrein ist gerade auch noch ein Buch über Glücksorte (!!!) in Mannheim herausgegeben worden. Um es mit Chako Habekost Worten zu sagen: „Frieher hots des net gewwe…“ Ich finde also gegenüber den Anfängen des Blogs eine völlig veränderte Gemengelage vor und durch meine Neigung zum Widerspruch richtet sich meine Aufmerksamkeit nun zwangsläufig vermehrt auf das, was sich zwischen Wunsch und Wirklichkeit befindet. Da wäre festzustellen, dass die Reichweite bei Facebook durch neue Algorithmen auch nicht mehr die ist, die sie mal war und basisdemokratischer ist Facebook schon mal gar nicht geworden. Der Mannheimer Morgen hat mit seinem ILMA Blog nun eine Führungsrolle zur Stadbeschreibung im Netz eingenommen, zieht diese auch einigermaßen professionell durch, begibt sich allerdings nicht in das Risiko kritischer Fragestellung. Hier wird der Neckarstadtblog zunehmend mutiger. Der Rheinneckarblog hingegen hat sich selbst ins Bein geschossen. Jede professionelle Herangehensweise unterscheidet sich ohnehin von ALLES MANNHEIM, dessen Autor in zunehmend absichtsloserer Manier dem Zufall begegnen will und sorry, an ein regelmäßiges Erscheinen ist gar nicht mehr zu denken. ILMAs regelmäßige Beiträge folgen hingegen einer Verwertungslogik, die Leser*innen sind Zielgruppe, die Beiträge behandeln das, was jung, neu und attraktiv erscheint. Nun könnte man einwenden, wenn ALLES MANNHEIM nichts Verwertbares herausbringt, macht es keinen Sinn, und ja, es mag mitunter auch nutzlos sein.
Jedoch erfüllt das Bloggen insofern seinen Sinn, als dass der Autor immerhin sein Freiheitsrecht in Anspruch nimmt und dies umsomehr, wie es eben keinem anderen Zwecke dient als eben diesem. Die Aneignung des Stadtraums durch seine Bewohner zum Zweck der Freiheit unterscheidet sich natürlich gravierend von der Aneignung durch Marketing. Wenn die Stadt selbst wie ein Unternehmen Marketingstrategien entwickelt, werden wir Objekt, gezählt und ausgewertet, die Kommunikation richtet sich absichtsvoll an eine Welt da draussen, um attraktiver Standort für internationale Investments oder Förderprogramme zu werden. Der Dialog, der sich nach innen wendet, ist kaum vernehmbar oder allenfalls den „Akteuren“ am Markt verständlich.

Der innere Dialog, der sich in diesem Blog öffentlich macht, ist hoffentlich ausreichend verständlich und anregend. ALLES MANNHEIM zu schreiben und zu publizieren bedeutet dem Autor eine Form der Teilhabe außerhalb ökonomischen Marktgeschehens, wenngleich dieses verinnerlicht ist und seinen Ausdruck mitbestimmt. So ist mir dieses Blog Zerstreuung und Herausforderung im Denken zugleich, so notwendig wie überflüssig, also eigentlich fast schon ein wenig Luxus im armen Mannheim. Und bevor jetzt einer reinruft babbel net so long, rufe ich Euch zu: Lang lebe ALLES MANNHEIM! Schön, dass Ihr do seid.
Zum Wohl.

Zum siebten Blog-Geburtstag, nachträglich.

(368) 10.2017

Eine Antwort zu “Zum siebten Blog-Geburtstag, nachträglich.”

  1. Dagmar Eckhardt Oktober 30, 2019 um 20:26 #

    Keep on blogging!

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