Es ist klar, dass vieles, was hier in dürren Worten erwähnt oder beschrieben wird, manchen Menschen ihr gesamtes Herzblut bedeutet. Dies trifft sicherlich auch auf den Mannheimer Brückenaward zu, der von ehrenamtlich tätigen Enthusiasten als nicht kommerzielles Musikfestival umsonst und draussen veranstaltet wird und dieses Jahr nun bereits zum elften Mal hätte stattfinden sollen. Statt zwei fette Kreuze, die traditionell das Kalenderblatt im August zierten, stehen dieses Jahr Corona-bedingt große Leerzeichen und unter der Eisenbahnbrücke, an der sich Ende August die Menschen tummelten, begegneten, sich wiederfanden, schaut dich nun einsam und verwundert eine Astronautenkatze an. Der Brückenaward, das wird jetzt überdeutlich, ist eine Institution geworden und die subkulturelle Musikveranstaltung, die wir nächstes Jahr unbedingt wieder haben wollen. Stilistisch folgt der Brückenaward einer Linie, die wir über Norbert Schwefels Sulphur Sonic Festival, das bis 2007 an gleicher Stelle stattfand, zurück zum 1992 erschienenen Sampler Unter den Brücken nachzeichnen können. Denn obgleich am Ufer der Neckarstadt-West Sonnenuntergänge garantiert sind, erklingen beim Brückenaward eher keine romantischen Folktöne. Der spröden Mannheimer Industriekultur angemessen gleicht das jährlich voll Spannung erwartete Programm mit Psychedelic, experimentellen Rock, Post-Punk, Trip-Hop bishin zu Worldmusic stets einer bizarren wie aktuell frischen Wundertüte. Ich hoffe nun sehr auf bessere Zeiten und darauf, dass dieser Artikel kein Nachruf werden wird.
Mannheimer Brückenaward
nicht-kommerzielles Underground-Festival
seit 2010 unter der Eisenbahnbrücke
Bunsenstraße
68169 Mannheim Neckarstadt-West
(403) 09.2020
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