Zweifellos ist das Markthaus für viele eine wichtiger Ort. Nicht nur, weil hier günstig und ökologisch sinnvoll gebrauchte Sachen gekauft werden können, sondern auch, weil es als Inklusionsbetrieb den Mitarbeitenden eine geregelte Arbeit ermöglicht. Das Haupthaus liegt in einem Gewerbegebiet bei Neckarau, was nicht gerade ein Kennzeichen für gesellschaftliche Mitte darstellt, zumindestens nicht für ein Warenhaus, das eigentlich auch auf Laufkundschaft angewiesen ist. Jedoch lassen sich Spenden und Abgaben gut mit dem Auto vorbeibringen.

Seit 1997 gibt es das Markthaus in Neckarau schon und ist politisch so gut vernetzt, dass 2020 eine drohende Schließung wegen Insolvenz verhindert werden konnte. Die GBG Mannheim hat den Betrieb nun in ihr Portfolio integriert und somit die Hoffnungen der Belegschaft auf eine stabile Zukunft erfüllt. Das Sortiment, ganz nach dem Vorbild der traditionsreichen Schweizer Brockis, umfasst gebrauchte Kleidung, Hausrat, Deko, Bücher, Medien und Möbel, wobei bei meinem Besuch die Kleider- und die Bücherabteilung den besten Eindruck machten. Das Möbelangebot aktuell eher gering, der Hausrat zwar sortiert, aber bei aller Fülle doch auch von teilweise eher bescheidener Qualität. Weniger wäre mehr. Sicher, das Beste ist sowieso immer gerade weg. Dennoch schlägt hier sehr der soziale Charakter des Betriebes durch, in dem Sinne, dass sozial eher arm und bescheiden zu sein hat. Aber wäre „Gutes für alle“ nicht auch sozial? Im Grunde gehört dieses Öko- und Sozialkaufhaus mitten in die Stadt gepflanzt, heraus aus der notdürftigen Nische einer Lagerhalle, die ohne Augenzwinkern nur schwer zu bespielen ist. Es muss anders gedacht werden. Die Themen „ökologisch und sozial“ sind die Themen der Zeit, stehen im Mittelpunkt. Wenn es gesellschaftliche Veränderung geben soll, dann dürfen diese Themen nicht länger in dieser Weise an den Ränder beackert werden. Ressourcenschonung, Klimawandel, gesellschaftliche Ungleichkeit geht alle an, daher sollten exemplarische Lösungen auch im Zentrum erprobt werden. Zwar gibt es eine kleine Filiale des Markthauses am Ring neben dem Job-Center(!) und eine neueröffnete in der Mittelstraße, doch auf 50m² wird man nicht viel reißen können. Das Öko-Soziale Markthaus droht schon lange, wie in der Gesellschaft Armut und Bedürftigkeit, strukturell sich in seiner Rolle zu verfestigen. Dabei sollte es eigentlich nach über zwanzig Jahren Erfahrung endlich auf ein neues Level kommen: Mehr Qualität bei weiterhin fairen Preisen, breitere Zielgruppen, raus aus der Nische der Bedürftigkeit, ansprechende Warenpräsentation, mehr Sinnesfreude und nicht zuletzt auch höhere Löhne für die Beschäftigten. Die GBG wirbt mit dem Slogan Raum für Zukunft. Auf geht’s!
Der Autor war viele Jahre selbst in der Leitung von gemeinnützigen Sozialkaufhäusern tätig und gründete und betreibt heute ein eigenes Gebrauchtmöbelunternehmen.
Markthaus, Neckarau
Second Hand Kaufhaus
Floßwörthstraße 3-9, 68199 Mannheim
(449) 11.2021
Derartige Projekte gibt es woanders im Herzen der Stadt. Beispielsweise in Remscheid.