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Nietzsche in Mannheim

19 Nov

Nicht vielen ist bekannt, dass Friedrich Nietzsche 1871 wegen einer Wagner Aufführung mehrere Tage in Mannheim weilte. Doch auch hier zeigt sich die Vorzüglichkeit unserer Stadt, dass die Zahl solch herausragender Ereignisse überschaubar ist und auch Kleingeister wie ich davon noch Kenntnis nehmen können. Völlig unerwartet meldete sich nun der Meister des Wandels und der Verneinung höchstselbst bei mir und wir verabredeten uns alsbald auf eine heiße Schokolade im 1. Stock der traditionsreichen Konditorei Herrdegen.

„Pop ist tot“ eröffnete ich unsere Unterredung ohne Umschweife. Nietzsche lächelte mit ungeahnter Milde. „Mein Freund“, hob er an, „wohl sehe ich den Brunnen vor dem sie jämmerlich stehen, weil sie ihr Kind hineingeworfen haben. Ertrank es, weil der Brunnen zu tief ist? Hol es heraus und siehe, mit Phrasen wurde es gedroschen.“ Ich nickte zustimmend. „Auch dich höre ich jammern, die Stadt kenne nicht das Meer, die großen Gebirge und die tiefen Täler; doch schau dir dein eigen Brünnlein an, welches du gegraben hast. Bis zum Knöchel reicht dir seine Tiefe. Ein Labsal wohl für Schnaken und Kröten. Suchst du Erquickung, ist es wahrlich besser, in die Wüste zu gehen.“ Während mir der Mund verschlossen blieb, nahm er einen innigen Schluck aus seiner Tasse, sah meine Betroffenheit und fuhr fort. „In Güte will ich zugeben, dass ihr etwas erschaffen habt. Doch, lieber Freund, du kennst meine Meinung zu Gelehrten und Akademien und noch dazu verstopft ihr euch lieber die Ohren mit süßem Gesang, anstatt sie mit dem Geschrei von Yoko Ono zu öffnen.“ Abermals nahm er einen Schluck und fuhr fort: „POP sagtest du? Siehe, schon der dritte Buchstabe ist sein letzter, auch ist der letzte wie der erste, als ob ihm auf dieser kurzen Strecke schon der Atem ausgeht und es muss sich wiederholen, der erste gleich dem letzten und dreht sich in einem fort.“ Während er so sprach umklammerte meine Hand die Kakaotasse immer fester und eine Pause nutzend blickte ich auf und fragte schüchtern: „Ist aber stetige Wiederholung nicht Ewigkeit?“ „Du träumst vom Honig trinken?“ erwiderte er streng. „Nicht einmal den Eintagsfliegen ist die Ewigkeit ein Heil und auch mir das Schwerste und also sage ich dir, POP lebt, so wie er stirbt.“
Ich zahlte und wir erhoben uns. Draußen ward es Nacht. Er begleitete mich noch ein Stückchen durch die Fressgasse. Verwundert hielt er vor einem Parkscheinautomaten inne. „Der Wille zur Macht…“ murmelte er leise vor sich hin.

Nietzsche in Mannheim
(291) 11.2017

Filsbach, Samstag

21 Apr

Filsbach

Irgendwie ist samstags hier immer Trubel und irgendwie ist auch immer Stau und irgendwie ist Samstag auch immer türkische Hochzeit in der westlichen Unterstadt und somit im Stau ein Hupkonzert, während ein Reinigungsfahrzeug auf dem Marktplatz geräuschvoll das Stimmengewirr aus den angrenzenden Straßencafes übertönt, setzt plötzlich ein heftiges Geläut von der Marktplatzkirche ein und sorgt für den Höhepunkt des Crescendos. Dieses dicht gedrängte Treiben erinnert an eine Weltstadt. In Manhattans Lower East Side, dem einstigen Tor für Einwanderer, lebten 1870 in einem Viertel mit günstigen Wohnungen und engen Gassen über 170.000 deutsche Migranten und es wurde Kleindeutschland genannt. Na ja, noch sagt man hier Filsbach, oder Türkenviertel, aber Klein Istanbul haben die Gewerbetreibenden als offizielle Marke auch schon ins Gespräch gebracht.

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Wie in ethnischen Vierteln üblich, werden Waren überwiegend für den eigenen Bedarf angeboten. Die Palette reicht vom riesigen Hochzeitssuppentopf bis zum ebenso riesigen Hochzeitskleid, dazwischen vegane Köfte, Döner, Baklava, Handyverträge und Friseure. Der ein oder andere Laden hätte sicherlich noch eine genauere Betrachtung verdient, mal sehn. Jedenfalls hat sich in den letzten 40 Jahren zwischen den 1er- und 2er Quadraten von K bis G wie auch in den G Quadraten bis zur Jungbuschstraße eine Menge entwickelt. Die einfachen und billigen Wohnungen waren attraktiv für Migranten und mittlerweile beträgt der Anteil der Ausländer (auch wenn mir dieses Wort jetzt gerade komisch vorkommt) in der Westlichen Unterstadt den Spitzenwert von 70 % und die Mehrzahl hiervon sind Türken.

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Früher entwickelte sich unter Migranten das selbständige Unternehmertum häufig aus einer prekären Sonderstellung, um drohender Arbeitslosigkeit zu begegnen, heutige Studien zeigen, dass mittlerweile weit mehr Bereiche als nur Dönerbuden durch selbständig oder freiberuflich tätige Migranten abgedeckt werden, ganz wie bei Deutschen auch. All dies und natürlich auch ein bisschen Heimweh führt nun besonders an Samstagen zu eben jenen Sog, der den Verkehr von Richtung Kurpfalzbrücke kommend anzieht. Die Autokennzeichen der in die Tiefgarage zum Marktplatz strebenden Fahrzeuge weisen auf Besucher aus Worms, Frankenthal, Heidelberg, Darmstadt, Offenbach und dem ganzen Umland hin, die in der Filsbach samstags ihre Freizeit mit einem shopping-Erlebnis inklusive gemütlichen Imbiss abfeiern wollen.
Eine derartige ethnische und soziale Dichte kann sicherlich auch zu neuen Grenzbildungen führen. Sie sollten sich nicht verfestigen, sondern mit der Zeit auflösen. Betrachtet man aber an anderen Orten manche verödete Straßenzüge mit ihren zahlreichen leerstehende Geschäften, haben wir es hier aber eigentlich mit einen Glücksfall zu tun.

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Eine Fotostrecke mit einer Auswahl bunter Ansichten der an die hundert Gaststätten und Geschäfte in der westlichen Unterstadt findet ihr hier auf meiner Flickrseite. Übrigens wird man als Beobachter auch beobachtet. Beim Fotografieren wurde ich mehrfach angesprochen, dabei hatten sich nette kurze Gespräche ergeben.

Filsbach, Samstag

(229) 04.2016

Mannemer Dreck

22 Mai

md
Es ist nicht so, dass in jedem Mannheimer Vorratsschrank Mannemer Dreck zu finden ist. Er ist nicht gerade billig und wird wohl meistens verschenkt. Das besondere mannheimerische ist ja hier auch der Name. Mannemer Dreck. Und bloß nicht in Gänsefüßchen! Sprachlich kommt Mannheim eben direkt, großspurig und motzig daher, wie schlecht gelaunt in einem E-Klasse Benz. Aber im Grunde ist das ja in der ganzen Kurpfalz so. Ach die Kurpfalz! Wo ich jetzt so darüber nachdenke, könnte ich mir gut ein Schneider Cuve aus roten Trauben zum Mannemer Dreck vorstellen. Ist doch gar nicht alles so roh und derb wie es vordergründig erscheint. Wenn die Packung erst mal offen ist, wird es sehr versöhnlich. Erhältlich in Mannheimer Konditoreien und Fachgeschäften: zum Beispiel beim Cafe Herrdegen, Cafe Zeilfelder, Mohrenköpfle, Südlandhaus.

Mannemer Dreck
nicht-veganes Konditorgebäck aus Mannheim

(54)

clickjam

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