Manche Erinnerungen präsentieren sich als Bilder realer Begebenheiten und sind doch Montagen unserer Fantasie. Der kleine Junge in kurzen Hosen und Sandalen, der sich an einem schwülen Sommertag auf Zehenspitzen zur Theke der Eisdiele Lido streckt, um für zwanzig Pfennig eine Waffel mit einer Kugel Zitroneneis entgegen zu nehmen, ist ein altes Erinnerungsbild an das ehemalige Lido in der Seckenheimer Straße. Nun, es ist noch Winter und ich wünsche mich wirklich nicht in meine Kinderschuhe zurück. Die Eistheke und den Namen finde ich noch vor, die alten Streifentapeten sind entfernt, ein Holzofen steht nun an der Wand, deren freigelegter Putz sich grünlich braun mit Spachtelspuren zeigt, wie oberflächliche Erinnerungsfurchen. Vergangenes will Sehnsucht wecken, String Regale und Rauchglaslampen an der Wand, gepflegte Morbidität, Berlin, Hamburg. Wir bestellen Kaffee im gut besuchten „neuen“ Lido, die Vasen-Lampe fantastisch, die Postkarten charmant, die Bedienung freundlich.
Wahrscheinlich wird sich das Lido bei manch einem jugendlichen Gast fest in der Erinnerung verankern und ihm in zwanzig Jahren als ein Ort der Sehnsucht wieder erscheinen. Die Erfüllung dieser Sehnsucht wird dann leider nicht ganz einfach sein, denn nur bestimmte Umstände können dazu beitragen. Nennen wir einige beim Namen: unbeschwert, sorgenfrei, nicht arbeiten müssen, Zeit haben, Freunde haben. Genießt es!
Cafe Lido
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