Kontraste sind reizvoll und eine Wanddekoration mit Palme in der Friesenheimer-Straße im Industriehafen ist kontrastreich. Die zerrisse Jalousie am Fenster aber erscheint wie eine Bildunterschrift. Erst allmählich dringt in unseren Verstand, mit welchen ungeahnten Folgen wir heute noch tagtäglich durch die historischen Entwicklungen europäischer Industrialisierung und Kolonialisierung konfrontiert sind, auch wenn an diesem Standort die Margarine-Union (Uni-Lever) seit 2001 Produkte wie Rama, Sanella, Becel oder Biskin gar nicht mehr produziert. Der Weg der Ölpalme geht von ihrer ursprünglichen Heimat Nigeria mit Sklavenschiffen nach Brasilien über Botanische Gärten, um dann schließlich in Indonesien und Malaysia auf Großplantagen den Weltmarkt zu bedienen. Um 1900 gab es großen Bedarf an Speisefetten zur Versorgung der Bevölkerung. Durch die damals neu entwickelten Verfahrenstechniken zur Härtung von Ölen und Fetten boomte auch im Mannheimer Hafen die Speisefettfabrikation. Auch das Fett der Kokosnuss kam übrigens als Mannheimer Cocosbutter, später dann als Palmin auf den Markt. (Das Logo der Marke ist bis heute aus der Wolfsangel des Mannheimer Stadtwappens entwickelt.) Seither aber hat sich der pro Kopf Verbrauch an Ölen und Fetten versiebenfacht! Konsterniert stelle ich fest, dass auch meine geliebten Schwarzwälder Knabberbrezeln, ausgezeichnet mit dem Gütesiegel Baden-Württemberg, mithilfe von Palmfett hergestellt wurden und während ich gemütlich auf der Couch sitze, knabbere ich nun möglicherweise den Lebensraum eines Orang-Utan weg. Die Folgen meiner Knabberei wären durch die Verwendung heimischen Rapsöls jedoch kaum weniger beträchtlich, allein der Flächenbedarf für den Anbau enorm und so schätzt man, dass sich aufgrund wirtschaftlicher Vorteile Palmöl in jedem zweiten Supermarktprodukt in Deutschland befindet. Eine Reduzierung des Konsums erscheint mir da wohl das Naheliegendste was man machen kann. Doch auch bei Kosmetika und der Seifenherstellung findet Palmöl Verwendung. Im Werk Mannheim schäumen Uni-Lever nach eigenen Angaben vor Einsatzfreude, wenn es um die Produktion von Dove-Seife geht. In der Rhenaniastraße produzieren die Beschäftigten knapp 2 Millionen Stück jährlich für den Weltmarkt. Eine sehr lehrreiche Seite zur Geschichte der Ölpalme habe ich bei Sodi! gefunden und auch der Verein Rhein-Neckar Industriekultur bietet wie gewohnt interessante Informationen. Dies ist übrigens der offiziell 500ste Beitrag bei Alles Mannheim! Alla hopp.
Palmöl in Mannheim
Friesenheimer Straße 12
68169 Mannheim
(500) 11.2023